Walpurgisnacht / Вальпургиева ночь. Книга для чтения на немецком языке

Walpurgisnacht / Вальпургиева ночь. Книга для чтения на немецком языке
О книге

Густав Майринк (1868–1932) – австрийский писатель-экспрессионист. Работал в жанре «черного романтизма», продолжая традиции таких писателей, как Эдгар По, Шарль Бодлер, Оскар Уайльд. Действие романа «Вальпургиева ночь» (1917) разворачивается в Чехии. Прага становится местом столкновений немецких бюрократов, находящихся в осаде в старинном замке над рекой Влтава, и чешских революционеров, занявших город внизу. История, миф и политическая реальность переплетаются в эпизоде, когда восставшие штурмуют замок, чтобы короновать бедного скрипача, «Императора мира». В предлагаемой вниманию читателей книге приводится неадаптированный текст романа на языке оригинала с комментариями и словарем.

Книга издана в 2020 году.

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Gustav Meyrink

Walpurgisnacht

© Антология, 2005

© КАРО, 2005

Der Schauspieler Zrcadlo

Ein Hund schlug an.

Einmal. Ein zweites Mal.

Dann lautlose Stille, als ob das Tier in die Nacht hineinhorche, was geschehen werde.

„Mir scheint, der Brock hat gebellt“, sagte der alte Baron Konstantin Elsenwanger, „wahrscheinlich kommt der Herr Hofrat.“

„Das ist doch, meiner Seel’, kein Grund nicht zum Bellen“, warf die Gräfin Zahradka, eine Greisin mit schneeweißen Ringellocken, scharfer Adlernase und buschigen Brauen über den großen, schwarzen, irrblickenden Augen, streng hin, als ärgere sie sich über eine solche Ungebührlichkeit, und mischte einen Stoß Whistkarten noch schneller, als sie es ohnehin bereits eine halbe Stunde hindurch getan hatte.

„Was macht er eigentlich so den ganzen lieben Tag lang?“ fragte der kaiserliche Leibarzt Thaddäus Flugbeil, der mit seinem klugen, glattrasierten, faltigen Gesicht über dem altmodischen Spitzenjabot wie ein schemengleicher Ahnherr der Gräfin gegenüber in einem Ohrenstuhl kauerte, die unendlich langen, dürren Beine affenhaft fast bis zum Kinn emporgezogen.

Den „Pinguin“ nannten ihn die Studenten auf dem Hradschin[1] und lachten immer hinter ihm drein, wenn er Schlag 12 Uhr mittags vor dem Schlosshof in eine geschlossene Droschke stieg, deren Dach erst umständlich auf- und wieder zugeklappt werden musste, bevor seine fast zwei Meter hohe Gestalt darin Platz gefunden hatte. – Genauso kompliziert war der Vorgang des Aussteigens, wenn der Wagen sodann einige hundert Schritte weiter vor dem Gasthaus „Zum Schnell“ haltmachte, wo der Herr kaiserliche Leibarzt mit ruckweisen, vogelhaften Bewegungen ein Gabelfrühstück aufzupicken pflegte. —

„Wen meinst du“, fragte der Baron Elsenwanger zurück, „den Brock oder den Herrn Hofrat?“

„Den Herrn Hofrat natürlich. Was macht er so den ganzen Tag?“

„No. Er spielt sich halt mit den Kindern in den Choteks- Anlagen.“

„Mit ‘die’ Kinder“, verbesserte der Pinguin.

„Er – spielt – sich – mit – denen – Kindern“, fiel die Gräfin verweisend ein und betonte jedes Wort mit Nachdruck. Die beiden alten Herren schwiegen beschämt.

Wieder schlug der Hund im Park an. Diesmal dumpf, fast heulend.

Gleich darauf öffnete sich die geschweifte, dunkle, mit einer Schäferszene bemalte Mahagonitür, und der Herr Hofrat Kaspar Edler von Schirnding trat ein – wie gewöhnlich, wenn er zur Whistpartie ins Palais Elsenwanger kam, mit engen schwarzen Hosen angetan und den ein wenig rundlichen Leib in einen Biedermeiergehrock von hellem Braun aus wunderbar weichem Tuch gehüllt. Hastig wie ein Wiesel und ohne ein Wort zu verlieren, lief er auf einen Sessel zu, stellte seinen gradkrempigen Zylinderhut darunter auf den Teppich und küsste sodann der Gräfin zeremoniell die Hand zur Begrüßung.

„Warum er jetzt noch immer bellt?“ brummte der Pinguin nachdenklich.

„Diesmal meint er den Brock“, erläuterte die Gräfin Zahradka mit einem zerstreuten Blick auf Baron Elsenwanger.

„Herr Hofrat sehen so schweißbedeckt aus. Dass Sie sich nur nicht verkühlen!“ rief dieser besorgt, machte eine Pause und krähte dann plötzlich in arienhaften Schwingungen in das finstere Nebenzimmer, das sich daraufhin wie durch Zauberschlag erhellte:

„Bosena, Bosena, Bo-schenaah, bitt’ Sie, bring Sie, prosim, das Supperläh[2]!“

Die Gesellschaft begab sich in den Speisesaal und nahm um den großen Esstisch herum Platz.

Nur der Pinguin stolzierte steif an den Wänden entlang, betrachtete bewundernd, als sähe er sie heute zum ersten Mal, die Kampfszenen zwischen David und Goliath auf den Gobelins und betastete die prachtvollen, geschweiften Maria-Theresia-Möbel mit Kennerhänden.

„Ich war unten! In der Welt!“ platzte der Hofrat von Schirnding heraus und betupfte seine Stirn mit einem riesigen, rot-gelb-gefleckten Taschentuch. „Und bei der Gelegenheit hab’ ich mir die Haare schneiden lassen.“ – er fuhr sich mit dem Finger hinter den Kragen, als jucke ihn der Hals.

Derartige auf einen angeblich nur schwer zu bändigenden Haarwuchs abzielende Bemerkungen pflegte er jedes Vierteljahr zu machen, in dem Wahn, man wisse nicht, dass er Perücken trage – einmal langlockige, dann wieder kurzgeschorene – , und immer bekam er auch in solchen Fällen staunenerfülltes Gemurmel zu hören. Aber diesmal blieb es aus: Die Herrschaften waren zu verblüfft, als sie vernahmen, wo er gewesen sei.

„Was? Unten? In der Welt? In Prag? Sie?“ Der kaiserliche Leibarzt Flugbeil war erstaunt herumgefahren. „Sie?“

Den beiden anderen blieb der Mund offen. „In der Welt! Unten! In Prag!“

„Da – da haben Sie ja ieber die Brücke missen!“ brachte die Gräfin endlich stockend heraus. „Was denn, wenn sie eingestirzt wäre?!“

„Eingestirzt!! No servus!“ krächzte Baron Elsenwanger und wurde blass. „Unberufen“ – er ging zittrig zur Ofennische, vor der noch aus der Winterszeit her ein Scheit Holz lag, nahm es, spuckte dreimal darauf und warf es in den kalten Kamin – „Unberufen.“

Bosena, das Dienstmädchen, in zerlumpten Kittel, ein Kopftuch um und barfuß, wie es in altmodischen Prager Patrizierhäusern üblich ist, brachte eine prunkvolle Schüssel aus schwerem getriebenem Silber herein.



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